Haushaltsrede DHH 2021/2022

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Mergel,
verehrte Dezernenten,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

gegensätzlicher hätten wohl die letzten zwei Jahre nicht sein können. Im Herbst 2018 war die Stadt voller Vorfreude auf die bevorstehende Bundesgartenschau. 2,3 Mio. Besucher kamen und die BUGA wurde ein voller Erfolg.

Am 14. September – einem Samstagabend – waren über 47.000 Menschen auf dem BUGA-Gelände, „dicht an dicht“ um den Karlsee gestanden, um alle 5 Wasser- Shows sehen zu können, zu viele…. Das Gelände musste geschlossen werden! Lassen Sie sich diese Bilder nochmal vor Ihrem geistigen Auge erscheinen.

Niemand hätte sich damals vorstellen können, wie sich Heilbronn und die gesamte Welt in den kommenden 6 Monaten dramatisch verändern wird. Nur ein halbes Jahr später wurde in Deutschland ein Mindestabstand im öffentlichen Raum eingeführt, Kontaktbeschränkungen erlassen und ein paar Tage später befand sich Deutschland im ersten Lock Down. So dicht liegen Freud und Leid beieinander! Warum resümiere ich das zu Beginn meiner Rede? – Weil beide Ereignisse unmittelbaren Einfluss auf unsere Beratungen haben. Heilbronn profitiert noch immer vom enormen Schub aus dem BUGA-Jahr – aber die Stadt, die Gesellschaft, die Wirtschaft und insbesondere der Handel und die Gastronomie stehen vor noch nicht absehbaren Herausforderungen, die sich auch in den kommunalen Finanzen dramatisch auswirken werden.

Eine detaillierte Analyse des Städtischen Haushalts ist mir heute wegen der Redezeitbegrenzung nicht möglich. Da verweise ich auf die Rede des 1. Bürgermeisters. Nachdem aber 84% unserer Einnahmen Steuereinnahmen und Finanzzuweisungen aus dem FAG sind, die nicht mittelbar durch die Stadt beeinflussbar sind, schwebt über diesen Beratungen das große Fragezeichen, wie sich die Konjunktur und die Steuerkraft in den nächsten 2 Jahren entwickeln wird. Eine verlässliche Prognose dazu ist nicht möglich, denn niemand weiß wie schnell sich unser Leben wieder normalisiert. Auch mit der erhaltenen 2. Änderungsliste setzt sich der Abwärtstrend im Ergebnishaushalt fort. Ein Ausgleich ist in den kommenden Jahren nur durch gewaltige Rücklagenentnahmen und neue Kreditaufnahmen ab 2022 von insgesamt 86,5 Mio. Euro möglich. Die Pro-Kopf- Verschuldung steigt von heute 105 EUR auf 923 EUR im Jahr 2025.

Ich mahne dringend zur äußersten Zurückhaltung bei zusätzlichen Ausgaben. Ich habe kein Verständnis dafür, wenn manche Fraktionen kurz nachdem wir zum Glück auf die Aufstellung eines Nachtragshaushalts verzichten konnten, munter drauf los zahlreiche weitere investive Anträge gestellt haben. Sei es für zusätzliche Radwege am Neckar, bis hin zum Beschluss für eine Machbarkeitsstudie für den Lerchenbergtunnel. Für alle diese Anträge hat es keine Gegenfinanzierungsvorschläge gegeben! Inklusive den vielen zusätzlichen Mehrkosten unserer im Bau befindlichen Maßnahmen – denken Sie an das Radparkhaus oder das Gebäude Lothorstraße – leben wir derzeit über unseren Verhältnissen.

Es erscheint nahezu grotesk, wenn wir die Verwaltung mit einem Haushaltskonsolidierungsprozess beauftragen und im Gegenzug immer weitere zusätzliche Maßnahmen beschließen. Spätestens jetzt erwarte ich von diesem Gemeinderat, aber auch von der Verwaltung, bei der Beantragung von zusätzlichen Mehrkosten für beschlossene Maßnahmen, äußerste Sparsamkeit, Disziplin und verantwortliches Handeln! Die CDU-Fraktion hat sich schon immer vorbildlich und sorgsam im Umgang mit Steuermitteln gezeigt. Ich hoffe, dass bei der Vorlage dieses Haushaltsplanentwurfs nun wirklich allen klar geworden ist, dass die sorglosen Jahre des Geldausgebens nun endgültig vorbei sind.

Schauen wir also uns die verschiedenen Ausgabeblöcke an:

Weder bei den Personal- und Versorgungsaufwendungen noch bei den Sozialausgaben sind wesentliche Einsparungen möglich bzw. gerechtfertigt. Hier stecken aber enorme Risiken in Form von Tariflohnsteigerungen und zusätzlichen Mehrbelastungen bei Transfer- und Eingliederungshilfen. Hier werden wir aber ebenso keine Kürzungen vornehmen wie beim Titel 51 “Jugend“.

Auch der kostenfreie Kindergartenplatz in Heilbronn für über 3-Jährige steht für die CDU-Fraktion absolut nicht verhandelbar fest.

Weitere notwendige Millionen sind für die Zukunftsthemen Klimaschutz und Nachhaltigkeit eingestellt.

Die Fraktion hat sich vertrauensvoll und konstruktiv mit dem Personalrat ausgetauscht. Mit hohen Investitionen in die IT, in mobile Endgeräte – auch für Home-Office-Arbeitsplätze kommen wir dem Wunsch des Personalrats nach einer digitaleren und flexibleren Arbeitswelt nach. Die zusätzlichen Investitionen in das Gebäude Lothorstrasse zeigen, dass die Verwaltung sich zentralisieren und an einigen Stellen neu organisieren muss. Dazu haben wir verschiedene Prüfanträge formuliert, bei denen auch die interkommunale Zusammenarbeit in der Zukunft vor dem Hintergrund knapper werdender Ressourcen neu beleuchten soll.

Die Verwaltung legt uns mit diesem Haushaltsplanentwurf ein gewaltiges ambitioniertes Investitionsprogramm vor. In der mittelfristigen Finanzplanung sind rund 355 Mio. Euro eingeplant. Also 71 Mio. jedes Jahr. Dazu muss man nun noch die 145 Millionen, die in den Ermächtigungsresten der vergangenen Jahre schlummern, dazu addieren. Wir meinen, dass dies ein zu ehrgeiziges Ziel der beantragenden Fachämter ist, nachdem in den vergangenen Jahren nur knapp 58 Mio. Euro pro Jahr umgesetzt werden konnten. Erfreulich dabei ist, dass 3⁄4 dieses Investitionsvolumen mit Eigenmitteln und Zuschüssen finanziert werden kann und nur der Rest durch Kreditaufnahmen abgedeckt ist.

Aus unserer Sicht sind genügend Mittel sowohl für den Straßenbau als auch in den übrigen Bereichen eingestellt. Bei den knapp 52 Mio. Euro im Doppelhaushalt für Investitionen in die zukunftsfähige Mobilität der Stadt sind auch zahlreiche Radverkehrsmaßnahmen enthalten, auf deren Umsetzung auch wir uns freuen.

Bereits im Sommer hat unsere Fraktion beschlossen für die kommende Haushaltsrunde einen Schwerpunkt auf die Investitionen in unseren Schulen zu setzen. Wir sehen unseren Wunsch im städtischen Haushalt auch vollumfänglich abgebildet. Über 21 Mio. Euro werden in den nächsten 2 Jahren in unsere Schulen investiert, Investitionen in die Zukunft unserer Kinder! In der mittelfristigen Finanzplanung stehen für den Investitionsstau sogar knapp 60 Mio. Euro in diesem Bereich – 17% der Gesamtinvestition – zu Verfügung. Ein deutliches Zeichen! Auch freuen wir uns, dass durch einen gemeinsamen Antrag bereits jetzt mit einer Machbarkeitsstudie die dringend benötigte Sanierung bzw. der Neubau der Neckartalschule auf den Weg gebracht wurde.

Wir streichen in dieser Beratungsrunde ganz bewusst keine einzige von den Fachämtern beantragte Maßnahme. Wir erwarten aber auch im Gegenzug, dass alle für die nächsten 2 Jahre beantragten Mittel und Maßnahmen auch restlos verbaut werden. Bei der Vorlage des Finanzzwischenberichts werden wir mit wachsamen Augen darauf achten, dass sich keine deutlichen Abweichungen zur Umsetzungsplanung ergeben.

Sollte das Investitionsvolumen nicht in der prognostizierten Höhe umgesetzt werden können, verringert es im schlimmsten Fall die Neuaufnahme von Schulden und damit die Pro-Kopf-Verschuldung je Einwohner. Diese sinkt bzw. wird zeitlich verschoben.

Letzten Endes sind aber diese gewaltigen Investitionen auch ein klares Zeichen für die Dynamik, mit der sich Heilbronn auch in schwierigen Zeiten fortentwickeln und modernisieren will. Für das heimische Handwerk und die übrige Wirtschaft sind es wichtige und notwendige Aufträge, die gerade jetzt ein Konjunkturprogramm darstellen, um die meist mittelständischen Betriebe der heimischen Wirtschaft zu stützen. Ich hoffe sehr, dass möglichst viele Aufträge in der Region bleiben und nur wenig Auftragsvolumen in Billiglohnländer abfließen. Während man vom „kleinen“ Endverbraucher Regionalität bei seinem täglichen Einkauf erwartet, eröffnet das europäische Vergaberecht an dieser Stelle leider Tür und Tor für den Massentourismus von billigen Arbeits- und Aushilfskräften auf unsere heimischen Baustellen.

Bedingt und beschleunigt durch die Corona-Pandemie stehen unsere Innenstädte vor einem gewaltigen Wandel. Viele strukturelle Veränderungen waren schon davor durch den stark zunehmenden Online-Handel hervorgerufen. Diese Krise hat aber diese Veränderung dramatisch beschleunigt. Deshalb war ein Hauptaugenmerk der Fraktion darauf gerichtet, ob und wie viele Mittel eingestellt sind, um diesem Wandel entgegen zu treten. Allein für die Attraktiverung und die Stärkung der Aufenthaltsqualität stehen 5 Mio. Euro zu Verfügung. Zusammen mit Verbesserung in die verkehrliche Erreichbarkeit sind es sogar 16 Mio. Euro. Wir müssen uns in den nächsten Monaten um die Innenstädte, den Handel und die Gastronomie kümmern. Nur im Schulterschluss alle Akteure schaffen wir es diesen Wandel positiv zu beeinflussen! Einen entsprechenden Antrag haben wir heute zur Drucksache 83 formuliert.

Kommen wir zu den Stadtteilen:

Sehr intensiv haben wir uns bei den Beratungen, in einer gemeinsamen Fraktionssitzung mit den Anträgen aus den Bezirksbeiräten auseinander gesetzt. Als Überschrift dieser Beratungen stand die Frage, welche beantragte Maßnahme, die von der Verwaltung nicht im Vorfeld in die Maßnahmenliste aufgenommen wurde, ist von so entscheidender Wichtigkeit für die verbleibenden knapp 20 Monate, damit Sie deshalb durch die CDU-Fraktion zusätzlich beantragt werden muss. Und, das gehört auch zur Haushaltsehrlichkeit, welche von der Verwaltung stattdessen zugesagte Maßnahme gestrichen werden kann.

In die Stadtteile fließen in den nächsten 2 Jahren weit über 20 Mio. Da sind aber alle weiteren stadtteilübergreifende Maßnahmen wie z.B. Sanierungen von Schulhäusern sonstige Gebäude, Straßen, Spielplätze etc. nicht enthalten. Das sind auch nochmal 67 Mio. Euro. Die CDU-Fraktion war bei den letzten Haushaltsberatungen die treibende gestalterische Kraft, die dafür gesorgt hat, dass das Budget der Ortskartelle ordentlich aufgestockt wurde. Das bleibt auch erhalten. Darüber hinaus profitieren die Vereine in den Stadtteilen auch von der in der letzten Haushaltsrunde beschlossenen Befreiung von den Hallengebühren.

Die Stadtteile werden also nicht vernachlässigt Das Gegenteil ist der Fall!

Ein darüber hinaus gehendes Stadtteilbudget zwischen 4,00 und 10,00 Euro je Bewohner lehnen wir ab. Dazu müsste erst definiert werden, welche oben angeführte Leistungen von nun an aus diesem Etat bestritten werden soll. Wir müssen damit aufhören in jeder Haushaltsrunde neue zusätzliche Mittel für Freiwilligkeitsleistungen zu beantragen. Diese Ausgaben schränken immer mehr den Gestaltungsspielraum dieses Gemeinderats zusätzlich ein. Denn nicht ernsthaft glaubt jemand in diesem Gremium daran, dass es eine Mehrheit für die Rücknahme dieser Beschlüsse geben wird.

Mit zahlreichen Prüfanträgen haben wir viele Anregungen aus den Stadtteilen aufgegriffen und werden aus deren Beantwortung resultierend, nötige Schritte und Anträge ableiten.

Sie sehen also, liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Haushaltsentwurf sind von der Verwaltung nach mehreren intensiven Beratungen und Streichrunden ausreichend Gelder für alle Teilhaushalte – inklusive der vielen Freiwilligkeitsleistungen und der Unterstützung sonstiger Institutionen – eingestellt worden.
Deshalb haben wir auch – das ist Ihnen sicherlich aufgefallen, – bisher auf sämtliche zusätzliche Finanzanträge verzichtet, die diesen Haushalt aus dem Gleichgewicht bringen würde. Das ist kein Ausdruck von Ideenlosigkeit, ganz im Gegenteil. Das ist der Ausdruck von einem enormen Verantwortungsbewusstsein und tiefem Realitätssinn der Fraktion für das Machbare und Leistbare in dieser besonderen Zeit.
Wir beantragen aber zusammen mit der SPD- und FDP-Fraktion zusätzlich 1 Mio. Euro für ein Heilbronner Hilfspaket für den Re-Start aus der Corona-Krise. Davon sollen Corona bedingte, existenzbedrohende Folgen insbesondere für Vereine und Institutionen abgewendet werden und Gastronomie- Handels- und Dienstleistungsbetriebe sollen indirekt darin unterstützt werden, um möglichst schnell aus dieser Krise zu kommen. Diese Mittel sind keine Unterstützung anstelle der Corona-Pakete vom Bund und Land, es sind zusätzliche Gelder für kreative und innovative Ideen in eine neue Zukunft. Ich danke den Kollegen der SPD und der FDP für diese Zusammenarbeit.

Aufgrund der Redezeit bedanke ich mich kurz – aber dafür umso herzlicher – bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des gesamten Konzerns Stadt Heilbronn für Ihre Arbeit, insbesondere unter den Corona-Bedingungen. Mein besonderer Dank gilt Ihnen Herr 1. Bürgermeister Martin Diepgen der zusammen mit Frau Wechs und Frau Weidler und weiteren Verantwortlichen diesen besonderen Haushalt aufgestellt hat, vielen Dank.

Ich danke meiner fleißigen Fraktion.

Für einige Kollegen waren es die ersten Haushaltsberatungen, teils präsent, teils in digitaler Form. Einzigartig war die Haushaltsklausur im Hotel „zum großen Ratssaal“ Ihr habt bewiesen, dass ihr mit eurem Sachverstand und eurem Engagement einen ausgewogenen und vor allem verantwortungsvollen Blick auf die Stadt Heilbronn, auf alle Bürgerinnen und Bürger, aber auch auf den Städtischen Haushalt habt. Danke für eure Arbeit, Ihr seid Klasse!

Getreu dem Motto der CDU- Heilbronn #Heilbronn_mitgestalten.